Donnerstag, 3. November 2011

Mein Antrag PA150 zur Geschlechter- und Familienpolitik

Antragstitel

Genderneutrale Gleichstellung der Tätigkeit 'Hausfrau und Mutter / Hausmann und Vater’ mit anderen Berufen

Antragstext

Der Bundesparteitag möge dem Grundsatzprogramm einen neuen Programmpunkt mit dem Titel "Genderneutrale Gleichstellung der Tätigkeit 'Hausfrau und Mutter / Hausmann und Vater' mit anderen Berufen" mit folgendem Text – ggf. punktweise modular – hinzufügen: 
• Das Berufsbild 'Hausfrau und Mutter / Hausmann und Vater', mit fest definierten Mindeststandards zum Wohle des/der zu betreuenden Kindes/Kinder, ist zu definieren und zu schaffen.
• Die im Folgenden Beruf genannte Tätigkeit 'Hausfrau und Mutter / Hausmann und Vater' und die im traditionell definierten Begriff ‚Beruf’ zusammengefassten Tätigkeiten sind sozial gleichzustellen.
• Eine zertifizierte Ausbildung im Berufsbild 'Hausfrau und Mutter / Hausmann und Vater' wird entwickelt und im Bildungssystem angeboten. Die Inhalte der Ausbildung sind nach pädagogisch-psychologischen Maßstäben zusammenzustellen. Die konkreten Module/Inhalte, Ausbildungskonditionen und ggf. Prüfungsszenarien sind in einem Arbeitskreis gesondert zu erarbeiten.
• Für den Beruf 'Hausfrau und Mutter / Hausmann und Vater' wird als Ersatz oder Ergänzung staatlicher Arbeitsagenturleistungen ein gesetzlicher staatlicher Mindestlohn gezahlt.
• Die Möglichkeiten zur Ausübung des Berufs 'Hausfrau und Mutter / Hausmann und Vater', auch auf zeitlicher Ebene, und ein damit ggf. verbundener Erwerb des Anspruchs auf Arbeitslosengeld und/oder Förderungsanspruch auf eine Überleitung in die traditionelle Form von Berufstätigkeit durch Aus-, Fort- und Weiterbildung während oder nach Abschluss der Ausübung des Berufs 'Hausfrau und Mutter / Hausmann und Vater' werden definiert.
• Für den Beruf 'Hausfrau und Mutter / Hausmann und Vater' erfolgt eine mit anderen geschützten (Ausbildungs-)Berufen steuerliche und sozialversicherungsbezogene Gleichstellung, auch mit Erwerb von Rentenansprüchen.
• Flexible Gestaltung der Arbeitszeit ohne finanzielle Einschränkungen, um Beruf, Familie und soziales Engagement miteinander zu vereinbaren.

Antragsbegründung

Auf die Tätigkeit als zu Hause voll erziehendes Elternteil wird ein zeitlich anteiliger Rentenanspruch durch den Erziehenden erworben. Dies weist darauf hin, dass staatlicherseits die Tätigkeit als 'Hausfrau und Mutter / Hausmann und Vater' auf dieser Ebene der anderer Berufsbilder gleichgesetzt wird. Bezahlung für diese Tätigkeit erwirbt das erziehende Elternteil jedoch nur aus vorangegangener Berufstätigkeit über das zeitlich gewährte Elterngeld, das nur einen Teil des vorangegangenen Nettolohns beträgt. Elternteilen, die vorher nicht berufstätig waren, bleibt nur der Anspruch auf HartzIV. Elternteile ohne vorherige Berufstätigkeit mit Festanstellung rutschen damit in die Sozialstatistiken der Arbeitsämter.
Eine Person, die beispielsweise aus dem Studium oder aus freiberuflicher Tätigkeit direkt in die Tätigkeit als 'Hausfrau und Mutter / Hausmann und Vater' wechselt, wird zum Sozialfall. Unabhängig davon, wie aktiv sie die Entwicklung und gesellschaftliche Ausbildung und Eingliederung des Nachwuchses gestaltet. Elternsein wird somit zum sozialen Abstieg degradiert. Es wird also differenziert zwischen staatlicher Förderung ehemals berufstätiger Elternteile und nicht berufstätiger. Das stellt eine gesellschaftliche Ungerechtigkeit dar, die auch vor Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens schon durch berufliche Gleichstellung behoben werden soll.
Begründung / Hintergrund

Die Piratenpartei hat mit Recht als Alleinstellungsmerkmal gegenüber den Altparteien ihre Schwerpunkte in den Themen geschlechterneutrale Gleichbehandlung sämtlicher Gender-Gruppen, persönlichkeits- und bedürfnisbezogene, individualisierbare Schul- und Ausbildung und das bedingungslose Grundeinkommen für alle Bürger und Bürgerinnen.

Durch die Entwicklung eines geförderten, neuen gesellschaftlichen Selbstverständnisses der Geschlechterrollen in den letzten Jahrzehnten hat sich die Gesellschaft maßgeblich hin zu mehr Gleichberechtigung verändert. Dieser Trend lässt sich neben erfolgten Veränderungen durch die Gender-Politik in schulischer und beruflicher Ebene wie auch in der familienpolitischen Entwicklung und Gestaltung der Gesellschaft abbilden. So sind Elterngeld und Elternzeit für berufstätige Elternteile beider Geschlechter mittlerweile anerkannt und in der Umsetzung erprobt. Neben dem altbekannten Rollenbild von Hausfrau und Mutter nutzen auch immer mehr berufstätige Mütter und Väter die Möglichkeit, als Hausmensch und Elternteil aktiv an der täglichen Versorgung und Erziehung ihrer Kinder teilzuhaben, und sei es auch nur für eine Übergangszeit von einigen Monaten, bevor sie sich wieder in ihren Beruf zurückgliedern.
Rollenverständnis 'Hausfrau und Mutter / Hausmann und Vater' 
Eine genderneutrale Gesellschaft braucht für ihre Menschen nicht nur eine genderunabhängige Gleichstellung im Beruf sondern ebenso in der Familientätigkeit. Gleichzeitig erschließt sich daraus der Ansatz, auch Beruf und Familientätigkeit als gleichwertig anzuerkennen und auf dem Arbeitsmarkt zu positionieren. Derzeit schließt die Definition ‚Beruf’ die Tätigkeit von 'Hausfrau und Mutter/ Hausmann und Vater' aus. De facto macht ein berufstätiger Mensch in der Phase seiner Tätigkeit als 'Hausfrau und Mutter/ Hausmann und Vater' eine Pause in der beruflichen Laufbahn. Allzu oft wird die Wiedereingliederung aus der Elterntätigkeit in die klassische Form des Berufs erschwert, weil eben diese Tätigkeit zu Hause für den Nachwuchs als ‚Auszeit’ definiert ist, die auch im Lebenslauf nicht selten als Lücke interpretiert wird. Nicht zuletzt können viele Eltern (Frauen) die eine leitende Position hatten, nicht in ihren alten Job zurückkehren und werden gern wieder tiefer gestellt.
Umwälzende Veränderungen familiärer Strukturen und Rückgang der Geburtenrate
Die Statistiken der letzten Jahre weisen darauf hin, dass sowohl die Trennungszahlen von Familien mit Kindern steigen, vor allem in städtischen Umfeld, als auch die Form der Familie sich von traditioneller Ehe mit Kindern wandelt hin zu alleinstehenden Elterteilen mit Kindern oder Trennungsfamilien, die sich zu neuen Patchworkfamilien zusammenfinden. Die Ehe mit der traditionellen Form von Versorger und Versorgten tritt immer mehr zurück. Gleichzeitig sinkt die Geburtenrate in gesellschaftlich besser angesehenen bzw. bezahlten Berufsgruppen vor allem bei Frauen immer noch. Auch familienpolitische Programme wie das einkunftsabhängige Elterngeld für Mütter und Väter hat diesem Trend bisher nicht hinreichend entgegen wirken können. Ein Grund ist im so verstandenen Karrierebruch durch Erziehungszeiten zu sehen. Menschen, die sich beruflich verwirklichen wollen, müssen nach derzeitigem Verständnis des Wortes ‚Beruf’ davon absehen, diesen durch eine so verstandene ‚Auszeit’ zu unter- oder abzubrechen.
Kompetenzreduzierung durch geminderte Entwicklung von Bindungsfähigkeit in frühkindlicher Entwicklungsphase
Bisher definieren die Gesellschaft und der Staat die frühestmögliche Wiedereingliederung in das Berufsleben als besonders unterstützenswerte Aufgabe. Dabei werden bereits Säuglinge ab drei Monaten in Liegekrippen von ihren Eltern abgegeben, damit die Eltern dem Anspruch konventioneller Berufstätigkeit gerecht werden können. Dies widerspricht neuesten wissenschaftlichen Studien zufolge den entwicklungsgerechten Bedürfnissen von Säuglingen und Kleinkindern - und widerspricht einem gesunden Menschenverstand. Die traditionelle Politik fordert mehr Familie und Kinder, ohne jedoch die gesellschaftlichen Rahmenbindungen an eine moderne Arbeitswelt und veränderte Familienstrukturen (mehr Alleinerziehende, mehr Patchworkfamilien) angepasst zu haben. Die Folgen dieser missglückten Familienpolitik: Fehlende Bindungsfähigkeit, die sich später durch fehlende bzw. erschwerte Bildung von Bindungs- und Verantwortungskompetenzen auswirkt. Die gesellschaftlichen wie auch individuellen Folgen, die dadurch entstehen, ziehen nachhaltig Folge-Kosten für die Gesellschaft nach sich.

Frauen und Familie (75% der norwegischen Frauen arbeiten (zumeist Teilzeit, aber mit nur 15 Stunden/Woche hat frau/mann alle Ansprüche auf Rente und Arbeitslosengeld/Krankenkasse:
http://www.regjeringen.no/en/dep/bld/aktuelt/taler_artikler/politisk_ledelse/tidligere_statssekretaer_oeie/2006/the-greatest-of-all-is-love-on-norwegian.html?id=437476

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